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Mittwoch, 24. Juni 2015

Elternzeit: nachträgliche Urlaubskürzung

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub nicht mehr wegen Elternzeit kürzen. Das hat das Bundesarbeitsgericht am 19.05.2015 entscheiden (Az. 9 AZR 725/13).

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Regelung des § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG, nach der der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, voraussetzt, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. 
Dies sei allerdings nicht mehr der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis beendet sei und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung habe. Die bisherige Rechtsprechung zur Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe auf der sogenannten Surrogatstheorie beruht, die der Senat allerdings vollständig aufgegeben habe. Nach der neueren Rechtsprechung sei der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch. Dieser verdanke seine Entstehung zwar urlaubsrechtlichen Vorschriften. Sei der Urlaubsanspruch entstanden, bilde er aber einen Teil des Arbeitnehmer-Vermögens und unterscheide sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen gegen den Arbeitgeber.



Rechtsanwälte Störmer & Hiesserich - Ihre Fachkanzlei für Sozialrecht.

Mittwoch, 10. Juni 2015

Entgeltfortzahlung bei alkoholbedinger Arbeitsunfähigkeit

Ein langjährig alkoholabhängiger Arbeitnehmer verliert auch im Fall eines Rückfalls nach einer Therapie regelmäßig nicht seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 18.03.2015 (Az. 10 AZR 99/14) entschieden.

Bei Alkoholabhängigkeit handele es sich um eine Krankheit, die grds. nicht vom Arbeitnehmer verschuldet ist. 
Eine Arbeitsunfähigkeit ist nur dann verschuldet i. S. v. § 3 Abs. 1 S 1 EFZG, wenn ein Arbeitnehmer in erheblichem Maße gegen das von einem verständigen Menschen in seinem eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt. Nur in einem solchen Fall verliert er seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Bei einem alkoholabhängigen Arbeitnehmer fehlt es nach Einschätzung des BAG suchtbedingt auch im Fall eines Rückfalls nach einer Therapie regelmäßig an einem solchen Verschulden. Bei einer Alkoholabhängigkeit handele es sich um eine Krankheit. Ihre Entstehung sei multikausal, wobei sich die unterschiedlichen Ursachen wechselseitig bedingten. Dies gelte grundsätzlich auch für einen Rückfall nach einer Therapie.
Zwar könne bei einer Abstinenzrate von 40 % bis 50 % je nach Studie und Art der Behandlung ein Verschulden des Arbeitnehmers an einem Rückfall nicht generell ausgeschlossen werden. Allerdings könne der Arbeitgeber, gegen den vorliegend die zuständige Krankenkasse aus übergegangenem Recht geklagt hatte, dieses fehlende Verschulden bestreiten. Lasse es sich auch im Rahmen eines medizinischen Sachverständigen-Gutachtens nicht eindeutig feststellen, so gehe dies zu Lasten des Arbeitgebers.

Im konkreten Fall hatte das eingeholte sozialmedizinische Gutachten ein Verschulden des Arbeitnehmers unter Hinweis auf die langjährige und chronische Alkoholabhängigkeit und den daraus resultierenden Suchtdruck ausgeschlossen, so dass letztlich auch die Revision der beklagten Arbeitgeberin vor dem BAG keinen Erfolg hatte.


Die Autorin ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Störmer & Hiesserich in Steinfurt.